Soziale Beratung im digitalen Zeitalter: Von neuen Chancen bis zu unsichtbarer Gewalt | 7. Fachtag

Unter der Überschrift „Soziale Beratung im digitalen Zeitalter: Von neuen Chancen bis zu unsichtbarer Gewalt“ fand am 12. September 2025 der 7. Fachtag im Rahmen des Projekts „Worte helfen Frauen“ statt.

Digitale Technologien verändern die soziale Beratung nachhaltig – sie bieten neue Möglichkeiten der Unterstützung, stellen Fachkräfte aber auch vor neue Herausforderungen. Der Fachtag widmete sich zentralen Fragen rund um die Digitalisierung in der psychosozialen Beratung.

Soziale Beratung und Digitalisierung – Herausforderungen und Chancen
Die Digitalisierung hat die Landschaft der psychosozialen Beratung grundlegend verändert und eröffnet neue Wege der Unterstützung und Kommunikation. Beratungskonzepte wie das Blended Counseling, bei dem die Vorteile von Präsenzberatung mit modernen digitalen Ansätzen fachlich fundiert kombiniert werden, gewinnen immer mehr an Bedeutung.

Ausschnitt der Präsentation „Soziale Beratung und Digitalisierung – Herausforderungen und Chancen“ von Prof. Dr. Lehmann

Die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung für die Sozialen Arbeit/Beratung stellte Prof. Dr. Robert Lehmann, Technische Universität Nürnberg, Akademischer Leiter des Instituts für E-Beratung, dar. Neben einem Entwicklungshistorischen Abriss, erläuterte er u.a., wie mit dem professionellen konzeptionellen Aufbau digitaler Beratungsmöglichkeiten neue Zielgruppen erreicht werden können.

Ausschnitt der Präsentation „Soziale Beratung und Digitalisierung – Herausforderungen und Chancen“ von Prof. Dr. Lehmann

Unsichtbar und doch ganz nah – digitale Gewalt im sozialen Nahraum
Michaela Burkhard, Referentin des Bundesverbands Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe, beschrieb die digitale Bedrohungslage, die Frauen im sozialen Nahraum erleben: Stalking, Überwachung, Drohungen und Kontrolle mit digitalen Mitteln sind Formen partnerschaftlicher oder sexualisierter Gewalt, von denen Frauen zunehmend betroffen sind. Digitale Gewalt überschreitet die Grenzen der Privatsphäre, findet über viele verschiedene Kontaktmöglichkeiten statt und hat für die Betroffenen schwerwiegende Folgen. Nur ein strukturiertes Vorgehen verbunden mit digitaler Kompetenz von Fachberaterinnen kann den Schutz von Frauen und Kindern vor digitaler Gewalt erhöhen. Es braucht Fachwissen im Schutz- und Hilfesystem, ebenso bei Polizei, Justiz und Verwaltung.

Präsentationsausschnitt „Unsichtbar und doch ganz nah – digitale Gewalt im sozialen Nahraum“ von Michaela Burkard

Frühwarnsystem KI? Chancen und Risiken im Umgang mit häuslicher Gewalt
Im dritten Teil des Fachtages ging es um den Einsatz von KI als Frühwarnsystem für die Gefährdungsanalyse. Ba-Linh Le, Mitbegründerin und Chief Data Officer des Unternehmens Frontline, stellte die browserbasierte App Lizzy vor.

Lizzy ist die erste KI-gestützte Gefährdungsanalyse, die auf bundesweiten repräsentativen Daten basiert und Fachkräfte wie Polizei und Sozialarbeiter/innen bei der präzisen und verlässlichen Einschätzung von Risiken und des Unterstützungsbedarfs unterstützt. Lizzy wird bereits von Beratungs- und Interventionsstellen, Frauenhäusern und Schutzunterkünften in acht Bundesländern verwendet.

Präsentationsausschnitt „Frühwarnsystem KI? Chancen und Risiken im Umgang mit häuslicher Gewalt“ von Ba-Linh Le

An der Veranstaltung nahmen etwa 80 Fachkräfte aus Beratungsstellen, Schutz- und Hilfestrukturen, Behörden, dem Gesundheitswesen sowie Gleichstellungsbeauftragte teil.

Online-Veranstaltung – Aktuelle Informationen zur Versorgung von gewaltbetroffenen Frauen in Niedersachsen

Am 13.06.2025 waren Beratungsstellen und Gleichstellungsbeauftragte eingeladen, sich über „Aktuelle Informationen zur Versorgung von gewaltbetroffenen Frauen in Niedersachsen“ im Rahmen des Projektes „Worte helfen Frauen“ zu informieren. Neben aktuellen Einblicken in das Gewalthilfegesetz, hat sich das Netzwerk ProBeweis vorgestellt.

Gewalthilfegesetz – ein historischer Schritt:
Andrea Frenzel-Heiduk, die Leiterin des Referats 202 (u.a. Gewalt gegen Frauen und Mädchen) des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, gab einen Einblick und ein Update zur rechtlichen Entwicklung und Stand der Umsetzung des Gewalthilfegesetzes.

Dabei hob sie hervor, dass das Gewalthilfegesetz zwar nicht ideal sei, es aber einen historischen Schritt markiere, um geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt wirksam zu bekämpfen und Betroffenen flächendeckend Zugang zu Hilfsangeboten zu ermöglichen.

Denn: Das Gewalthilfegesetz stellt erstmals bundesgesetzlich sicher, dass gewaltbetroffene Frauen einen kostenfreien Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben.

Das zentrale Ziel: Die Unterversorgung im Hilfesystem beheben.

„Ziel des Gesetzes ist es, ein bedarfsgerechtes Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt bereitzustellen. Aufgaben eines bedarfsgerechten Hilfesystems sind, vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt zu schützen, bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt zu intervenieren, deren Folgen zu mildern sowie präventiv tätig zu werden.“ (GewHG §1, 1 Absatz)

Zahlen und Fakten

  • bis Dezember 2026 müssen die Bundesländer dem Bund eine Umsetzungsstrategie (u.a. Bestands- und Bedarfsanalyse, Entwicklungsplanung, Zeit-und Kostenplan) vorlegen
  • der Bund beteiligt sich finanziell mit 2,6 Milliarden Euro von 2027 bis 2036
  • das Land Niedersachsen bekommt davon ca 200 Millionenfür die Umsetzung des Ausbaus, Umbaus und der Umsteuerung
  • der individuelle kostenfreie Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung gilt ab dem 01.01.2032.

Niedersachsen entwickelt derzeit eine Strategie, bei der der Schwerpunkt auf dem Bereich der Prävention liegen soll. Dazu gehört u.a. ein frühzeitiger Beginn der Sensibilisierung gegen Gewalt und Gewalt in allen Formen zu erkennen und ein Schwerpunkt im Quartier im persönlichen Lebensumfeld der Menschen.

Dazu gehört begleitend auch der geplante Ausbau der Täterarbeit in Niedersachsen, der aber gesondert finanziert werden muss. Das Land erarbeitet derzeit eine Richtlinie für Täterarbeit, die einen stufenweisen Ausbau von Beratungsstellen und mehr Kursen (allerdings mit Landeshaushaltsmitteln) vorsieht. Neben der Prävention will sich das Land auch auf die Frauenhaus-Nachsorge konzentrieren und Angebote zum begleiteten Wohnen ausweiten.

Verbesserungen durch das Gewalthilfegesetz:

  • individueller Rechtanspruch auf Schutz und Beratung (ab 2032)
  • Schutz- und Beratungsangebote unabhängig vom Wohnort, z.B. können Frauen bundesweit in ein Frauenhaus gehen.
  • Zugang zu Hilfsangeboten ist kostenfrei und unabhängig von Einkommen, Herkunft oder Aufenthaltsstatus. Damit ist auch die Unterbringung in Frauenhäusern kostenfrei, hilfesuchende Frauen müssen keinen Eigenanteil mehr durch private oder öffentliche Mittel (SGBII) leisten. Der Flickenteppich der Finanzierung löst sich auf.
  • Verbindliche Mindeststandards für Hilfeeinrichtungen (Trägerschaft, Fachpersonal, Räumlichkeiten und Angebote z.B. bei Frauenhäusern)

Das Gesetz ist noch nicht ideal, es gibt noch Verbesserungsbedarf. Unter anderem werden nicht alle Gewaltformen explizit genannt (z.B. Digitale Gewalt).

Am Ende verdeutlichte Frau Frenzel-Heiduk nochmal, dass sich Deutschland mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention rechtlich dazu verpflichtet hat, auf allen staatlichen Ebenen alles dafür zu tun, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten und Gewalt zu verhindern. Die Istanbul-Konvention ist ein Bundesgesetz und muss umgesetzt werden.

Das Gewalthilfegesetz ist also kein „Nice-to-have“, sondern die Umsetzung der Istanbul-Konvention.

Neben dem ausführlichen Fachinput von Frau Frenzel-Heiduk, hat Manon Behrmann das Netzwerk ProBeweis vorgestellt.

Mit über 40 Untersuchungsstellen Kliniken in Niedersachsen- die alle die Standards 7/24, Unfallchirurgie, Gxyäkologie und vom ProBeweis geschult mit standardisierten Kits erfüllen,  bietet das Netzwerk ProBeweis Betroffenen von häuslicher oder sexueller Gewalt eine vertrauliche und gerichtsverwertbare Verletzungsdokumentation sowie Spurensicherung. Dieses vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung geförderte Angebot ist für die Betroffenen kostenlos und verschafft ihnen Zeit für die Entscheidung über eine Strafanzeige. Niedersachsen hat als erstes Bundesland die Finanzierung der Untersuchungen im Netzwerk ProBeweis mit den gesetzlichen Krankenkassen abschließend geregelt. Damit ist die vertrauliche Spurensicherung in Niedersachsen eine kassenfinanzierte Leistung.

In ihrem Vortrag ist Frau Behrmann auf verschieden Punkte eingegangen, u.a. auf:

  • Zielgruppe: alle Personen, die von Gewalt (Häusliche, Partnerschafts und Sexueller Gewalt) betroffen sind, und noch unsicher bezüglich einer Anzeige sind. Das Angebot gilt für alle einwilligungsfähigen Personen, auch Männer.
  • Angebot des Netzwerkes: Gerichtsverwertbare (Foto-)­Dokumentation und Spurensicherung, Ärztliche Beratung unter Gewährleistung der Schweigepflicht, Kontakt zu Unterstützungsorganisationen bei Bedarf, Sichere Lagerung und Dokumentation aller Spuren – mindestens 3 Jahre lang
  • Ablauf und Vorgehensweise: Schriftliche Einwilligung, Dokumentation der Verletzungen und Spurensicherung, auf Wunsch Vermittlung zu weiterführenden Hilfsangeboten, Lagerung der Dokumentation und Spuren
  • Finanzierung: Die Untersuchung ist für alle Personen immer kostenfrei. Die Finanzierung erfolgt unter Wahrung der Anonymität durch die gesetzlichen Krankenkassen sowie für die Nichtversicherten und Privatversicherten, die das Gesetz nicht umfasst ,durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung.
  • Partnerkliniken in Niedersachsen: 44 Untersuchungsstellen

In einer darauffolgenden Fragen- und Diskussionsrunde war auch Sarah Stockhausen dabei. Sie ist Fachärztin für Rechtsmedizin und arbeitet seit vielen Jahren gemeinsam mit der Gründerin des Netzwerkes Prof. Dr. Anette Debertin als Ärztin beim Netztwerk ProBeweis.

Auf der Website www.probeweis.de finden Interessierte weiterführende Informationen, u.a. ein leicht verständliches FAQ .

Die Online-Veranstaltung war mit 120 Teilnehmer:innen aus verschiedenen Fachbereichen (Gleichstellungsbeauftragte, Verwaltungen, Beratungsstellen uvm.) ein voller Erfolg.

Meine Rechte – meine Entscheidung. Recht auf Schutz und Selbstbestimmung als Grundlagen für die Beratung | 6. Fachtag

Meine Rechte – meine Entscheidung. Recht auf Schutz und Selbstbestimmung als Grundlagen für die Beratung

Auf dem 6. Fachtag des Projektes „Worte helfen Frauen“ wurden grundsätzliche und rechtliche Fragestellungen thematisiert, die in der Beratung von Frauen­ wichtig sind. Rechtliche Bestimmungen schaffen nicht nur Rahmenbedingungen Sozialer Beratung, aus ihnen ergeben sich auch vielfältige Ansprüche auf Leistungen/Sozialleistungen.

Der Fachtag diente dazu, Kenntnisse aufzufrischen, neue zu gewinnen und dadurch Handlungskompetenzen zu verbessern.

Konkret ging es um drei Themenschwerpunkte:

  • Recht auf Gewaltschutz
  • Recht auf Asyl
  • Recht auf Schwangerschaftsabbruch.

Nach den Grußworten von Andrea Frenzel-Heiduk, Referatsleiterin aus dem Niedersächsischen Sozialministerium und von Silke Gardlo, Leiterin der Vernetzungsstelle für Gleichberechtigung e.V. und Projektleitung, startete der Fachtag inhaltlich mit einem Input von Dagmar Freudenberg. Die Staatsanwältin und Referentin für Opferschutz i.R. widmete sich u.a. den Inhalten der Istanbul-Konvention, ihrem Rechtscharakter, ihrer politischen Bedeutung und aktuellen Umsetzung.

Darauf folgte ein Update zum „frauenspezifischen“ Asylrecht von Regina Jördens-Berneburg. Die Rechtsanwältin für Migrationsrecht gab einen ausführlichen Überblick über Rechtsgrundlagen, erläuterte Anerkennungsformen und ihre unterschiedlichen Auswirkungen. Dabei betonte sie, das „geschlechtsspezifische Gewalt, insbesondere durch privat erlittene häusliche Gewalt und Diskriminierung, die im Einklang mit der patriarchalischen Gesellschaftsordnung des Herkunftslandes stehen, […] im Asylverfahren relevant sein [können].“

Nach der Mittagspause folgte der dritte und letzte Input im Plenum. Kira Koethke, Mitglied der Strafrechtskommission des Deutschen Juristinnenbundes, widmete sich der „Regulierung des Schwangerschaftsabbruchs“. Unter den Gesichtspunkten Bestandsaufnahme, Kritik und Perspektiven, ging sie auf Historie, relevante Gesetze, verfassungsrechtliche Rechtspositionen und auf Vorschläge für eine Neuregelung ein. Dabei spielten vor allem die Empfehlungen der Expert:innen-Kommission eine wesentliche Rolle: Schwangerschaftsabbruch in der Frühphase straffrei und rechtmäßig, konsistente Folgeregelung (ins. Bei Leistungen der KV), Ausbau von präventiven Maßnahmen uvm.

Im Anschluss an die Expertinnen-Impulse und Diskussionen im Plenum, erwartete die Teilnehmer:innen Raum für Austausch und Vernetzung an drei Thementischen:

Frau Freudenberg übernahm einen Tisch zum Thema Gewalt gegen Frauen, Annette Wiede, Fachreferentin der Vernetzungsstelle für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte gab Tipps zum erfolgreichen Netzwerken und zwei Mitarbeiterinnen des Jobcenters Region Hannover, Mandy Brandt und Norma Behrensen, gaben einen Überblick über Angebote, Leistungen und Unterstützungsmöglichkeiten durch das SGBII/Jobcenter.

Den Einladungsflyer mit Programm können Sie hier als pdf-Datei herunterladen.

Gute Beratung? – Externe und interne Einflussfaktoren | 5. Fachtag

Worte helfen Frauen Fachtagung am 8.6.2023

Beim 5. Fachtag im Rahmen von „Worte helfen Frauen“ standen die Faktoren im Mittelpunkt, die auf eine Beratungssituation Einfluss nehmen können. Dabei wurde sowohl die Situation der ratsuchenden Frauen, als auch die der Beraterinnen von verschiedenen Referentinnen beleuchtet. „Gute Beratung? – Externe und interne Einflussfaktoren“ lautete das Motto der Veranstaltung mit rund 100 Teilnehmer:innen.

Das Grußwort hielt Dr. Andreas Philippi, Niedersächsischer Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung. Im Anschluss sprach Almut von Woedtke, Vorstandvorsitzende von Gleichberechtigung und Vernetzung e.V., ein paar einleitende Worte zu „Worte helfen Frauen – Hilfe für Frauen in Not“. Dabei erläuterte sie unter anderem den Hintergrund des Projektes, das 2016 startete, und lieferte verschiedene Zahlen – unter anderem darüber, für welche Sprachen besonders häufig Dolmetscherdienste benötigt werden. Als Moderatorin führte Dunja Rose durch den Fachtag.

Über das „Einwanderungsland Deutschland: Zahlen, Herausforderungen, Perspektiven“ sprach Vera Hanewinkel, M.A. Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück. Die Präsentation von Vera Hanewinkel finden Sie hier als pdf-Datei zum Download.

Maryam Mohammadi und Zahra Lessan vom Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. referierten über „Die Lebenssituation geflüchteter Frauen in Gemeinschaftsunterkünften: Besondere Bedarfe und Einflussfaktoren bei Beratungen“. Die Präsentation finden Sie hier als pdf-Datei zum Download.

„Flucht und Trauma“ lautete der dritte Beitrag. Daniela Finkelstein, Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen (NTFN) e.V., gab einen Überblick über die Versorgungslage und machte deutlich, dass es eine erhöhte psychiatrische Morbidität unter Flüchtlingen gebe. Die Präsentation von Daniela Finkelstein ist hier als pdf-Datei zum Download zu finden.

Mit dem Vortrag von Isabel Otto von pro familia aus Stade wurde dann der Perspektivwechsel vollzogen: Von den ratsuchenden Frauen zu den Beraterinnen. „Einblick in die Herausforderungen des Beratungsstellenalltags am Beispiel des Beratungsstandorts Stade“ lautet der Vortrag. Die Referentin hat ebenfalls eine Präsentation erstellt, die Sie hier als pdf-Datei zum Download finden können.

Als letzte Rednerin des Fachtags sprach Dr. Angelika Voss vom Frauen- und MädchenGesundheitsZentrum Region Hannover e.V. Ihr Thema: „Resilienz und Selbstfürsorge – für ein gelingendes Miteinander in der Beratung. Strategien zum Umgang mit Belastung und Stress und deren Auswirkung auf die Beratung“.

Anschließend begeisterte Poetry-Slammerin Antonia Josefa das Publikum und leitete den Ausklang des Fachtags (u.a.) mit einem extra für diesen Fachtag gedichteten Text ein.

Andrea Frenzel-Heiduk vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Referatsleitung 202, und Almut von Woedtke verabschiedeten die Gäste und dankten den Referentinnen für ihr Kommen.

Situation und Bedarfe von Frauen ohne Papiere und von Prostituierten | 4. Fachtag

Sprachliche Verständigung ist im Beratungssetting von besonderer Bedeutung. Daher ist es für Beratungsstellen in der Beratung von Migrantinnen ohne oder mit wenig deutschen Sprachkenntnissen häufig notwendig, eine Person zur Sprachmittlung heranzuziehen. Eine weitere Person in der Beratungssituation bringt neben der sprachlichen Unterstützung allerdings auch besondere Herausforderungen mit sich.

Diese Herausforderungen und Besonderheiten galt es in einer Tagung herauszuarbeiten und diskutieren. Am 27.09.2022 haben wir im Rahmen des Projektes „Worte helfen Frauen“ zur online-Tagung „Beratung mit Übersetzung – Situation und Bedarfe von Frauen ohne Papiere und von Prostituierten“ eingeladen.

Dabei stellten wir zwei Zielgruppen in den Mittelpunkt, deren Lebenssituation und Bedarfe zu kennen auch für Beratungsstellen von besonderer Bedeutung ist: Frauen ohne Papiere und Prostituierte.

Für den fachlichen Input waren vier Expertinnen und Experten dabei:

Den Anfang machten Saskia Apelt-Schunk und Bernadeta Kuclo von der Fachberatungsstelle Phoenix e.V. aus Hannover (www.phoenix-beratung.de). Sie informierten über Rahmenbedingungen der Sexarbeit in Deutschland und ermöglichten den Teilnehmenden einen Einblick in ihre alltägliche Arbeit. Neben allgemeinen Informationen zur Beratungsstelle, dem breiten Spektrum der Tätigkeitbereiche und Angebote, gingen die Referentinnen auch auf die rechtlichen Grundlagen der Sexarbeit in Deutschland ein. Besonders deutlich wurden dabei die Herausforderungen und Besonderheiten der aufsuchenden Arbeit. Eine direkte Ansprache und vertrauensbildende Maßnahmen an den Orten, an denen Sexarbeit stattfindet, steigere den Bekanntheitsgrad der Beratungsstelle (und dessen Unterstützungsmöglichkeiten) und baue gleichzeitig Berührungsängste/ Hemmschwellen ab.

Johannes Schwietering von Medinetz Hannover e.V. referierte im Anschluss über die Medizinische Versorgung von Frauen ohne Papiere. Medinetz Hannover e.V. (www.medinetz-hannover.de) vermittelt medizinische Behandlung für Menschen ohne Aufenthalts- und Krankenversicherungsstatus und fordert im öffentlichen und politischen Diskurs die Abschaffung ausgrenzender Gesetze, um Menschen ohne Papiere den Zugang zu Gesundheitsleistungen zu ermöglichen. Hier finden Sie die PowerPoint-Präsentation zum Download

Delaram Shafieioun vom Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen e.V. (www.ntfn.de) referierte über die „Beratung zu dritt“ und die „Besonderheiten, Herausforderungen und Empfehlungen“. Dabei ist sie u.a. auf die Notwendigkeit von Sprachmittlung in Beratungs- und Therapiegesprächen eingegangen und hat verdeutlicht, dass es kaum Alternativen gibt. Der Einsatz von Sprachmittlung habe einen positiven Einfluss auf die Beratung und sei äquivalent zu muttersprachlicher Beratung. Betroffene, die nicht der Beratungssprache mächtig seien, könnten ihre Gefühle am besten in der Muttersprache zum Ausdruck bringen. Im Anschluss informierte Frau Shafieioun über allgemeinen Regeln in Dolmetschersituationen, die erfolgreiche Gestaltung von Vor- und Nachgesprächen und über die Bedeutung einer klaren Rollenverteilung bei einer Beratung zu dritt: Beraterin/ Berater – Sprachmittlung – Betroffene/ Betroffener. Mehr dazu in der PowerPoint-Präsentation von Frau Shafieioun

In einer abschließenden Podiumsdiskussion ging es um die Bedarfe des Niedersächsischen Hilfesystems (freie und kommunale Beratungsstellen) im Hinblick auf die Beratung von Frauen ohne Papiere und Prostituierten. Im digitalen Podium waren neben den Referierenden dabei: Andrea Frenzel Heiduk, Leiterin des Referats (202) Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Prostituiertenschutzgesetz des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und Maia Ceres vom Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V. (www.berufsverband-sexarbeit.de).

Durch die Ausführungen von Frau Ceres konnten die Bedarfe von Sexarbeitenden auch aus der Perspektive von „Betroffenen“ ermittelt werden. Frau Ceres berichtete u.a., dass vielen Sexarbeitenden das Vertrauen zu öffentlichen Behörden fehlt und sie bei einem „Outing“ ihrer Tätigkeit Ablehnung und Diskriminierung befürchten (müssen). In diesem Zusammenhang machte sie auf das Projekt „Roter Stöckelschuh“ aufmerksam, welches Barrieren in der gesundheitlichen Versorgung und Beratung für Sexarbeitende abbauen möchte. Der Rote Stöckelschuh steht für Vertrauen, Respekt und Akzeptanz und soll die berufliche und gesellschaftliche Gleichstellung von Sexarbeitenden fördern. (www.roterstoeckelschuh.de)

Die Online-Tagung war mit über 160 Teilnehmenden ein voller Erfolg. Sie richtete sich an (Beratungs-) Stellen, Fachbehörden (z.B. Gesundheits- und Ordnungsämter), Ärztinnen und Ärzte und Gleichstellungsbeauftragte, die Frauen in Not Beratung und Hilfe anbieten – insbesondere Frauen ohne Papiere und Prostituierte.

Dokumentation der Online Veranstaltung; Rollenbilder in der Arbeit mit geflüchteten Frauen – Qualitätssicherung im Beratungskontext | 3. Fachtag

Rollenbilder und Vorurteile beeinflussen unser Zusammenleben, unsere Wahrnehmung und Bewertung von Situationen und Umständen. Nicht immer gelingt es, die Wirkung dieser auf die eigenen Verhaltens- und Denkmuster angemessen zu reflektieren. Im Beratungskontext kann es dazu führen, dass die Lebensrealitäten und die Bedürfnisse der Klientinnen nicht adäquat berücksichtigt werden können.

Dem entgegenwirkend haben wir am 15.03.2021 im Rahmen des Projektes Worte helfen Frauen zur Online-Tagung „Rollenbilder in der Arbeit mit geflüchteten Frauen – Qualitätssicherung im Beratungskontext“ eingeladen. Gemeinsam mit den fachversierten Referentinnen und interessierten Teilnehmenden wurden die Rollenbilder in der Arbeit mit geflüchteten Frauen problematisiert und Wege aufgezeigt, wie diese überwunden werden können. Die Online-Tagung war mit 200 Teilnehmenden ein voller Erfolg. Sie richtete sich an Personen, die in Institutionen oder Organisationen mit geflüchteten Frauen und Migrantinnen zusammenarbeiten. Wie z. B. Frauen- und Mädchenhäuser, Gewaltberatungsstellen, Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, Gleichstellungsbeauftragte, Sprachmittler*innen und viele mehr.

Die Situation geflüchteter Frauen in Niedersachsen wurde von Irmak Kamali, Mitarbeitern des Nds. Krisentelefon gegen Zwangsheirat und der Frauenberatungsstelle SUANA bei kargah e.V., beleuchtet. Dabei griff sie auf ihre jahrelange Erfahrung in der Beratungsarbeit zurück und plädierte in diesem Rahmen, die geflüchteten Frauen nicht als homogene Gruppe, sondern reflektiert als Individuen mit individuellen Problemlagen, Ressourcen und Bedürfnissen zu betrachten und ihnen entsprechend in der Beratungsarbeit zu begegnen.

Samia Dinkelaker vom Institut für Migrationsforschung der Universität Osnabrück hat einen Vortrag mit dem Thema „Flucht und Geschlecht: (Post)koloniale Bilder“ gehalten.

Samia Dinkelaker zum Thema „Flucht und Geschlecht: (Post)koloniale Bilder“

Fehlende Sensibilität und Information in der Beratungsarbeit kann für Frauen und Mädchen fatale Auswirkungen haben. So vor allem in der Beratung zum Thema FGM (female genital mutilation). Hierzu referierte Dr. Cornelia Strunz u. a. über die Hintergründe, Verbreitung und vor allem die medizinischen Folgen von FGM und gab einen Einblick in die beeindruckende Arbeit des Desert Flower Center im Krankenhaus Waldfriede in Berlin. Der detaillierte Vortrag mit (anatomischen) Bildern aus der Beratungspraxis und Erfahrungsberichten aus dem Alltag von Betroffenen, berührte viele Teilnehmende und stoß auf sehr große Resonanz.

Im Anschluss wurden Möglichkeiten des Empowerments für geflüchtete Frauen von Rudaba Badakhshi thematisiert. Die Regionalkoordinatorin für die Region Mitteldeutschland des Dachverbandes der Migrantinnenorganisationen (DaMigra e.V.) sprach über die Bedeutung der Stärkung der gesellschaftlichen Vielfalt und Akzeptanz von geflüchteten Frauen bzw. Frauen mit Migrationshintergrund, um präventiv und aktiv gegen Vorurteile anzugehen und so ein friedliches Zusammenleben vor Ort zu fördern. Ziel sei eine rechtliche, gesellschaftliche, politische und ökonomisch gerechte Teilhabe von geflüchteten Frauen.

Möglichkeiten des Empowerments für geflüchtete Frauen von Rudaba Badakhshi.

Die Veranstaltung endete mit einer spannenden Podiumsdiskussion zum Thema „Qualitätssicherung im Beratungskontext – Perspektiven zur Überwindung von Rollenbildern in der Arbeit mit geflüchteten Frauen“.

Mehr als Sprache | 2. Fachtag

Die Fachtagung „Mehr als Sprache- Qualitätssicherung bei Übersetzungen im Beratungskontext“, im Rahmen des Projekts „Worte helfen Frauen“ am Donnerstag, 08.11.2018 in Hannover war ein voller Erfolg. Neben Fachvorträgen lud die Veranstaltung zum individuellen Austausch ein. Die Teilnehmenden stammten aus den Bereichen Migration und Integration, Beratungseinrichtungen, Sprachmittlung oder Gleichstellung.

Durch den Einsatz eines modernen Moderations-Tools konnte bereits zu Beginn anschaulich abgefragt werden, mit welchen Erwartungen die Fachtagung besucht wurde:

Qualitaetssicherung

Der aktuelle Stand
Zwei Mitarbeiterinnen von kargah e.V. klärten über die aktuelle Situation geflüchteter Frauen auf. Es wurde ein Input zu Fluchtursachen, den Problemen beim Eintreffen in Deutschland und letztlich den Schwierigkeiten beim Spracherwerb sowie Herausforderungen bei Beratungsgesprächen geboten. Gemeinsam mit Publikum und Referentinnen wurden für viele Themen Diskussionspotentiale ermittelt.

Asylrecht

Ein Blick in die Forschung
Dr. Mike Mösko sprach anschließend über „Qualitäts(mindest)standards zur Qualifizierung von Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern“ und stellte die Forschungsergebnisse „ZwischenSprachen“ der Arbeitsgruppe Psychosoziale Migrationsforschung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vor. Nach der Präsentation der aktuellen Ausgangslage referierte Dr. Mösko über die Bedarfe, die von der Arbeitsgruppe erarbeitet wurden und stellte die Ergebnisse der umfangreichen Forschungsarbeit vor. Die aufgekommene Diskussion machte deutlich, dass eine Definition oder Absprache über die Rolle von Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern eine Grundlage für eine harmonische und für alle Beteiligten zufriedenstellende Zusammenarbeit ist. Die Folien zum Vortrag finden Sie hier.

Dolmetschen über Telefon
Aus Wien reiste Moschda Djalalyar von SAVD Videodolmetschen GmbH an und informierte die Teilnehmenden über den Service des Telefon- bzw. Videodolmetschens. Im September 2018 hat „Worte helfen Frauen“ einen Modellversuch aufgenommen. In der Zeit September 2018 bis Februar 2019 können einige Beratungsstellen im Rahmen des Projekts „Worte helfen Frauen“ den Service von SAVD erproben: Per Telefon können Dolmetscherinnen und Dolmetscher binnen 120 Sekunden auf diversen Sprachen hinzugeschaltet werden und datenschutzkonform ihre Dienstleistung anbieten. Alle Dolmetscherinnen und Dolmetscher verfügen über zertifizierte Sprach- sowie soziale Kompetenzen.

Die Rolle der Übersetzenden
Als letzte Rednerin wurde Meera Sivaloganathan begrüßt. Die Sprach- und Kulturmittlerin hat bereits bei dem letzten Fachtag „Übersetzen heißt Verantwortung“ im Jahr 2017 die „Basics“ professioneller Übersetzungsarbeit für Frauen im interkulturellen Kontext durch anschauliche Beispiele aus der praktischen Arbeit dargestellt. In diesem Jahr betonte sie, woran gute Übersetzerinnen oder Übersetzer erkannt werden können. Sie ging darauf ein, dass die dolmetschende Person dabei unbedingt Neutralität wahren muss. Die Gesprächsführung liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Beratenden und darf sich nicht durch das Einbringen persönlicher stereotypischer Vorstellungen oder einer starken Solidarisierung mit der Klientin durch eine ähnliche ethnische Herkunft zu Gunsten der Dolmetscherinnen und Dolmetscher verschieben. Unter dem Motto „individualisieren statt kulturalisieren“ betont Meera Sivaloganathan, wie wichtig es ist, die Klientin als Individuum zu erkennen und keine Normbilder oder Vorurteile auf ihre Person zu übertragen. Kommentare der Dolmetschenden haben bei einer Übersetzungstätigkeit ebenso wenig Raum wie die eigene Geschichte oder individuelle Erfahrungen.

Übersetzen heißt Verantwortung. Mehrsprachige Beratungen professionell umsetzen | 1. Fachtag

Die Fachtagung „Übersetzen heißt Verantwortung. Mehrsprachige Beratungen professionell umsetzen“, im Rahmen des Projekts „Worte helfen Frauen“ am Freitag, 17.11.2017 in Hannover, war ein voller Erfolg. Rund 80 Personen kamen in den schönen Räumlichkeiten des Forum St. Joseph zusammen. Durch den lebendigen Vortrag der Sprach- und Kulturmittlerin sowie Diversity Trainerin Meera Sivaloganathan wurden die Teilnehmenden auf das Thema eingestimmt. Die Referentin nannte die „Basics“ professioneller Übersetzungsarbeit für Frauen im interkulturellen Zusammenhang und steuerte anschauliche Beispiele auch über die praktische Arbeit bei.

Im Anschluss an den Fachvortrag wurden folgende Themen in Workshops vertieft:

  • Beratung zu dritt
  • Geschlechtsspezifische Asylpolitik
  • Qualitätssicherung bei Übersetzungen
  • Genderkompetenz im interkulturellen Kontext

In den etwa zweistündigen Workshop-Einheiten wurde rege diskutiert, gelernt, ausprobiert und das Gelernte verfestigt.